Unser Pressearchiv
Das Liether Moor in neuem Glanz
So geht das Liether Moor zurück zur Natur

KLEIN NORDENDE Das Liether Moor erstreckt sich auf einer Fläche von mehr als 100 Hektar zwischen Elmshorn, Tornesch und Klein Nordende. Das örtliche Betreuungsverein in Klein Nordende verfolgt seit bald 20 Jahren mit immer größer werdenden Projekten die Renaturierung der einst trockengelegten und abgetorften Flächen. Unsere Gastautor Armin Püttger-Conradt, Biologe und Gründungsmitglied des Vereins, erläutert, was es unter anderem damit auf sich hat.
Zaunentfernung, Wegrandkartierung, Mooraugenentwicklung: Gastautor Armin Püttger-Conradt berichtet über die Renaturierung
In diesem Jahr haben sich die intensiven Tätigkeiten zur Erhaltung und Entwicklung der Natur des Liether Moores wesentlich fortgesetzt; der örtliche Betreuungsverein in Klein Nordende verfolgt seit bald 20 Jahren mit immer größer werdenden Projekten die Renaturierung der einst trockengelegten und abgetorften Flächen, die ihren bisherigen Höhepunkt in dem Anlegen zweier sogenannter Mooraugen fand, von denen ein ausgiebiges System an sternförmig abgehenden Gewässerschlenken die Kernfläche des ehemaligen Esinger Sees bedeckt. Bereits vor Jahren wurden mehrere Randflächen mit Laubgehölzen, bestehend aus landschaftstypischen Bäumen, angepflanzt, die mittlerweile zu ansehnlichen Wäldchen herangewachsen sind, sodass im Frühjahr der Schutzzaun entfernt werden konnte. Fleißige Helfer des Betreuungsvereins Liether Moor, der Jagdvereinigung und des Robustrindervereins stellten sich dazu ein, die nötigen Arbeiten zu erledigen. Durch die Öffnung des neuen Lebensraums kann nun auch Rehwild diesen als Unterstand und Schutzraum nutzen. Schon lange haben die unterschiedlichsten Vogelarten dort Einzug gehalten und jährlich ihre Brut erfolgreich großgezogen. Dazu haben die Beeren entsprechender Baum- und Straucharten eine ergiebige Futterquelle vom Spätsommer bis in den Winter hinein ergeben. Bewusst wurde die Kernzone des ehemaligen großen Moorsees von der Bepflanzung ausgenommen, soll sich doch dort ein neues Wassersystem in den kommenden Jahren neu ausbreiten und entwickeln, ein wenig wie es vor 8000 Jahren war, als sich nomadische Rentierjäger mit den riesigen Herden dort einige Monate in jedem Jahr aufhielten. Da die Ländereien weitläufig vom Betreuungsverein Liether Moor gekauft wurden und sich in dessen Besitz befinden, wurden auch die nötigen Grundvoraussetzungen geschaffen, solche lokalen Großprojekte in Angriff zu nehmen und erfolgreich umzusetzen.

Wege werden mit Randstreifen versehen
Inzwischen ist ein neues Projekt angelaufen, das die Wegesysteme des Liether Moores umfasst. Alle vorhandenen Feldwege und Fahrstraßen sind mit Randstreifen versehen, von bis zu fünf Meter Breite, die eine große Vielfalt an Strauch- und Baumarten beinhalten und somit auch eine entsprechende Artenzahl an Tieren der verschiedensten Gattungen beherbergen. Darunter befinden sich vor allem zahlreiche Vögel und Insekten, von Schmetterlingen bis hin zu Käfern, aber auch Säugetieren wie Igel, Mäusen, Wieseln und selbst Rehen, ganz abgesehen von der unübersehbaren Menge an Niederen Tieren, die zumeist unseren Augen entgehen. Da aber auch in den meisten Fällen Gräben, oft zu beiden Seiten eines Weges oder Pfades, sich dahinziehen, handelt es sich gleichzeitig auch um Wassersysteme, die zwar eigentlich der Entwässerung dienen sollen, jedoch ebenso aqua- tische Lebensräume darstellen, in denen sich ebenso diverse Tiere und Pflanzen angesiedelt haben. Vom Stichling zur Libelle bis hin zum Schachtelhalmwald ist somit eine Menge an Interessantem zu entdecken.
Da dort die Eigentümer die örtliche Gemeinde und das Wasserwirtschaftsamt ist, kann dort eine entsprechende Tätigkeit natürlich nur in enger Zusammenarbeit mit diesen Organen stattfinden. Grundsätzlich handelt es sich bei sämtlichen der Wegrandgrünstreifen um ein Vernetzungssystem, das sich durch das gesamte Liether Moor und darüber hinaus als Verbundsystem nahezu lückenlos durch den Kreis Pinneberg zieht. Populationen werden somit verbunden und können sich austauschen, genetisch regenerieren, wogegen die Wiesen- und Feldränder meistens eine scharf abgesetzte Grenze bilden und Wege selbst ein Hindernis darstellen. Eine vorsorgliche und entsprechend angepasste Pflege ist deswegen eine Notwendigkeit. Inselartige Biotope, wie man sie mancherorts in Felderlandschaften antrifft, sind zwar nett gemeint, jedoch rundum isoliert und verarmen im Laufe der Zeit an Artenreichtum.
Der Wasserstand hält sich

Trotz des nun bereits zweiten heißen und trockenen Sommers hat sich das neue Feuchtgebiet mit dem Mooraugen-Schlenkensystem als sehr erfolgreich erwiesen. Sind anderorts zahlreiche Gräben, Tümpel und sonstige Gewässer ganz oder nahezu ausgetrocknet, hat sich der Wasserstand im neuen Biotop vorbildlich gehalten. Erst im vorletzten Jahr angelegt, haben die hufeisenförmigen Wälle und Aufstauungen der Entwässerungsgräben ein Abfließen großflächig verhindert. Der Boden unter den Binsen ist in geringer Tiefe bereits feucht geblieben und schafft die Voraussetzung für eine erfolgreiche Wiedervernässung mit Torfmoosbildung, ist doch diese unscheinbare Pflanze mit ihrer schwammartigen Saugfähigkeit für die Entstehung der Moore hauptsächlich verantwortlich, indem sie oben wächst und unten abstirbt. Beim so Immer-dicker-Werden bilden sie die Schicht, die den Menschen beim Überqueren so trügerisch erscheint.

Lässt sich von der Aussichtsplattform nur ein kleiner Ausschnitt des Gebietes übersehen, zeigen erst die Drohnenaufnahmen das gesamte Ausmaß der gestaltenden Maßnahmen. Längst sind die Spuren der Bagger und Abräumfahrzeuge überwachsen. Wollgräser mit ihren wunderbaren in der Sonne silbrig leuchtenden Samenbüscheln breiten sich weiter aus. Besonders wurde das inzwischen vielfache Auftreten von Limicolen, kleinen Strandläufervögeln, wahrgenommen. Flußuferläufer, Dunkle Wasserläufer und Regenpfeifer, diese sogar in kleinen Trupps, konnten immer wieder beobachtet werden. Außerhalb der Brutzeit lassen sich Bekassinen nieder. Enten und Gänse brüten an den Gewässern und selbst die kleinen Zwergtaucher haben sich bereits sehen lassen.
Früher wurde viel zerstört
Im Laufe vergangener Jahrzehnte ist im Liether Moor bei Klein Nordende großflächig Zerstörung betrieben worden. Trockenlegung, Abtorfung von bis zu vier Meter dicken Schichten, unangepasste landwirtschaftliche Eingriffe haben für eine rigorose Ausrottung vieler Arten geführt. Noch in den 1970er Jahren sah man im Moor allerorts Kiebitze, die den Spaziergänger umwuchtelten, Bekassinen, die sich im meckernden Sturzflug vom Himmel stürzten, Insekten, die nachts im Scheinwerferlicht zahlreich auftauchten. Die Zeiten sind vorbei. Aber man ist dabei, vieles Zerstörte wieder aufleben zu lassen.
Armin Püttger-Conradt
Der Autor ist Biologe und Gründungsmitglied des Vereins.