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Blechlawine durchs Moor
Heimliche Umgehungsstraße Liether Moor

KLEIN NORDENDE Die Bauarbeiten an der Ahrenloher Straße in Tornesch wirken bis nach Klein Nordende und werden für die Bewohner im Liether Moor zur Belastungsprobe. Wo noch vor drei Wochen Pkw oder Traktoren vereinzelt die schmalen Straße nutzten, entwickelt sich das Verkehrsaufkommen jetzt fast wie auf der Autobahn. Ortskenntnis und Navis führen die Pkw-Fahrer über die engen Moorstraßen Richtung Tornesch oder A23. Sogar Lkw bringen die Häuser der Anlieger zum Vibrieren.
Seit der Vollsperrung der L110 suchen sich Auto- und Lkw-Fahrer Alternativen zur offiziellen Umleitung und fahren durchs Moor

Von Silvia Dämmer
KLEIN NORDENDE Wenn durch eine Baumaßnahme irgendwo eine Straße gesperrt ist, finden Autofahrer oder deren Navis schnell entsprechende Schleichwege, um die weiträumigen Umgehungen zu umfahren. Im Fall der gesperrten Ahrenloher Straße in Tornesch fließt der Verkehr seit Anfang Juli verstärkt durchs Moor. Sehr zum Ärger der Anwohner der Klein Nordender Straße Liether Moor.
Kerstin Wrage (kleines Foto) und Ehemann Emst Heinrich sind ziemlich sauer: „Schau’n Sie sich das mal an hier - Autos über Autos. Wie Perlen an einer Kette zieht sich die Blechlawine durch unsere Straße. Hier fahren sogar Lkw und Reisebusse durch, obwohl die das gar nicht dürfen.“ Mit „unserer Straße“ meint
Kerstin Wrage die Straße Liether Moor, über die vor allem Ortskundige von Ellerhoop über Seeth-Ekholt nach Tornesch kommen und sich damit die kilometerlange Umleitung via B431 über Elmshorn und Heidgraben sparen. Das ist zwar den Pkw- Fahrem gestattet - für Lkw ab 3,5 Tonnen ist die Straße tabu - bringt jedoch Stress für die Anwohner mit sich. Abgesehen vom Lärm, der, so Wrage, täglich bereits gegen 4 Uhr morgens beginnt, staubt es, wenn die Fahrzeuge bei Gegenverkehr von der schmalen Fahrbahn auf die Bankette ausweichen müssen. „So halten Straßenbelag und Bankette nicht lange“, vermutet das Ehepaar. „Warten Sie mal, bis der Regen kommt.“

„Die ersten Autos fahren schon durch die Straße, bevor die ersten Vögel wach sind.“ Karin Wrage wohnt im Liether Moor
„Mit dem Rad würde ich im Moment hier nicht fahren“, bestätigt auch Dietmar Stockschläter, der ebenfalls im Liether Moor wohnt. Zu gefährlich bei der hohen Geschwindigkeit, mit der manche Autofahrer über die schmale Asphaltstraße durchs Moor donnern. Sogar die Tempo-30-Zonen auf der Straße werden meistens ignoriert. Nicht selten käme es an den Engstellen oder den nicht einsehbaren Kurven der Straße zu gefährlichen Begegnungen.
Die drei vermuten, dass sich die Situation noch verschärft, wenn die Urlaubszeit vorbei ist und die Pendler schnellstmöglich zur A 23 zu kommen versuchen. Was die Wrages und Dietmar Stockschläter mindestens genauso ärgert wie das Mehr an Pkw vor ihren Gartentüren: „Wir erhofften uns Unterstützung erhofften uns Unterstützung von der Gemeine, bekamen aber sowohl von Bürgermeister Adolf Luitjens als auch von seinem Stellvertreter Jens Jacobsen nur zu hören, das lege sich wieder, und darum müsse sich der Landkreis kümmern“, erzählt Dietmar Stockschläter. Er habe deshalb selbst beim Straßenverkehrsamt des Kreises vorgesprochen. „Ja“, bestätigt Silke Dräger, Leiterin des Fachdienstes Straßenbau und Verkehrssicherheit des Kreises Pinneberg, „ich weiß, dass die Umleitungen erhebliche Belastungen für die Anwohner im Liether Moor bringen und ich kann ihren Ärger auch verstehen.“
Die LI 10 ist zwar keine Kreisstraße, jedoch ist die Kreisverwaltung für die Umleitung zuständig. Liether Moor bis zum Ende der Baumaßnahme an der L110 für Nichtanlieger zu sperren - das wünschen sich die Anwohner - sei nicht zu realisieren, erklärte Dräger. „Wenn wir Liether Moor für Nichtanlieger sperren, müssen wir diese Maßnahme auch überwachen. Dafür gibt es bei der Polizei nicht genügend Personal“, begründet sie. Und: Mit jeder gesperrten Straße mehr würden sich die Autofahrer wieder andere Schleichwege suchen, um vermeintlich schneller ans Ziel zu kommen.
Gleichwohl führten die Anwohnerbeschwerden seit Beginn der Baumaßnahme auf der Ahrenloher Straße dazu, dass die Beamten der Polizeistation Uetersen die möglichen inoffiziellen Umgehungen in Tornesch täglich kontrollieren. Wie Sandra Mühlberger, Pressestelle der Polizeidirektion Bad Segeberg, bestätigt, wurden dabei bisher 300 Fahrzeugführer gebührenpflichtig verwarnt. Die Uetersener Beamten kontrollieren allerdings nicht die Strecke durch das Liether Moor. Verkehrskontrollen hier liegen in der Verantwortung des Elmshorner Polizeireviers.
Bei Thorsten Buchwitz, Leiter des Polizeireviers, liegt das Thema ganz oben auf dem Dringlichkeitsstapel: „Wir werden uns j etzt vor Ort ein Bild zur Situation machen und die Straße schwerpunktmäßig in Abständen kontrollieren“, sichert er zu. Allerdings gibt auch er zu bedenken: „Ahnden können wir nur tatsächliche Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung. Liether Moor ist ja für den Pkw- Verkehr freigegeben.“
„Wenn wir Liether Moor für Nichtanlieger sperren, müssen wir das auch kontrollieren.“ Silke Dräger, Kreisverwaltung Pinneberg
Bürgermeister Adolf Luitjens fühlt sich zu Unrecht des Nichtstuns bezichtigt: „Die Situation am Liether Moor ist bekannt und wir sind mit dem Ordnungsamt von Elmshorn Land, dem Straßenverkehrsamt des Kreises Pinneberg und der Polizei in engem Kontakt, um Möglichkeiten zu finden, die Situation in den Griff zu bekommen.“
Für Kerstin Wrage und andere Bewohner im Liether Moor nur bedingt ein Trost: „Langsam liegen die Nerven blank.“ Silvia Dammer